Graf Schwerin zu Gast

„Selbständig denken, auch wenn der Zeitgeist wabert“

Graf von Schwerin berichtet an der BNS über den Widerstand gegen Hitler – und warnt vor einem neuen Nationalismus

Kann sich Geschichte wiederholen? Über diese Frage diskutierten die Schülerinnen und Schüler der Bischof-Neumann-Schule (BNS) in Königstein mit einem besonderen Gast: mit Graf Detlef von Schwerin von Schwanenfeld. Der 74 Jahre alte Historiker ist Sohn des Widerstandskämpfers Ulrich-Wilhelm von Schwerin von Schwanenfeld, der am Attentat auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944 beteiligt war. Graf von Schwerin stellte in der BNS sein Buch „Dann sind’s die besten Köpfe, die man henkt“ vor. Er hat dafür jahrelang recherchiert. Der Historiker machte er es sich zur Aufgabe, das Schicksal seines Vaters und dessen Rolle im Widerstand gegen das nationalsozialistische Regime aufzuarbeiten.

Graf von Schwerin sieht erste Parallelen zwischen der Vorkriegszeit und der aktuellen politischen Situation. Die „europäische Seuche“, wie er den Nationalismus bezeichnet, trete wieder an vielen Stellen in der Gesellschaft und Politik auf. Die einzelnen Staaten würden oftmals ausschließlich ihren eigenen nationalen Interessen nachgehen, statt sich auf Kompromisse und Verpflichtungen einzulassen, die mit der EU-Mitgliedschaft einhergingen. Die europäische Einigung und die EU seien große Errungenschaften. Das friedliche Zusammenleben der Staaten aber müsse immer wieder neu organisiert und austariert werden. Demokratie sei „nie einfach, sondern oft sehr anstrengend“, sagte Graf von Schwerin.

Für den Historiker ist klar, dass der Nationalismus in Europa wieder zu einer Gefahr werden könnte. Aber er antwortete auch mit „ja“, als er gefragt wurde, ob der aufkommende Nationalismus gestoppt werden könnte. Die Bürger müssten sich die Fähigkeit erhalten, „selbstständig zu denken, auch wenn der Zeitgeist wabert.“ Das hätte auch der militärisch-bürgerliche Widerstand, dem sein Vater angehört habe, beispielhaft vorgelebt. Auch wenn alle Attentate auf Hitler gescheitert seien, seien die Taten der Widerstandskämpfer nicht ohne positive Nachwirkungen geblieben. Die demokratische Grundordnung, in der die Menschenwürde und die Meinungs- und Pressefreiheit eine große Rolle spielten, sei ein Beispiel dafür. Graf von Schwerin forderte seine jugendlichen Zuhörer auf, sich in den Medien umfassend über das Zeitgeschehen zu informieren und sich auf dieser Grundlage selbst eine Meinung zu bilden.


Constanze Kohler

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