Kreuzweihe

Feierliche Enthüllung des neuen Kreuzes

Einweihung Kreuz Pausenhalle 1Einweihung Kreuz Pausenhalle 3

Rede von Frau Dr. Nordhofen zur Kreuzweihe

Nachdem wir jetzt das Kreuz enthüllt haben, möchte ich etwas zum Hintergrund dieses Objektes sagen. Es handelt sich dabei um eine Abformung des berühmten Udenheimer Kreuzes, das ca. 1070 , also in der Zeit der Romanik entstanden ist. Monumentalkreuze dieser Art waren um 1000 nach Christus weit verbreitet. Es ist wahrscheinlich, dass sie erhöht über dem Mittelschiff großer Kirchen angebracht waren. In späteren Jahrhunderten wurden sie meist nicht mehr so geschätzt, verschwanden in Depots oder wurden in kleinere Dorfkirchen verbracht oder einfach vergessen. Das ist auch hier der Fall, Udenheim ist ein Dorf in Rheinhessen. Erst im 20.Jahrhundert wurde man wieder auf diese Kunst aufmerksam und 1962 hat das Bistum Mainz das Kreuz der Gemeinde abgekauft. Das Original, das im Gegensatz zu unserem Objekt farbig gefasst ist, können Sie heute in der Godehard-Kapelle im Mainzer Dom betrachten. Es hat dort einen Ehrenplatz und passt auch gut in das romanische Ambiente des Doms. Das Kreuz entspricht dem Typus des Triumphkreuzes. Es ist 2,00m groß und 1,40 m breit. Überlebensgröße/ Monumentalität, ausgebreitete Arme, ein versammelter, verinnerlichter Gesichtsausdruck und eine gewisse Stilisierung von Körper und Hüfttuch sind Merkmale der romanischen Auffassung. Diese geometrischen Stilisierung ist aber nicht starr fixiert, sondern wird durch verschiedene Asymmetrien ausbalanciert. Sehen Sie sich z.B. die Arme an, die Knie, Faltenwurf etc. an. Das Auge des Betrachters wird so gelenkt und eingeladen, sich in die Details zu vertiefen und sich dabei auch auf die inhaltliche Aussage des Kreuzsymbols einzulassen. Obwohl romanische Kreuze lange vergessen waren, sprechen sie uns heute wegen ihrer fast modernen Abstraktion und ihrer Aura wieder an. Wie schon gesagt, handelt es sich bei unserem Kreuz um eine Abformung, die der Bildhauer Adam Winter wahrscheinlich in den Sechziger Jahren vorgenommen hat, als er im Mainzer Dom tätig war. Nun könnte man sagen, das ist ja nur eine Kopie, etwas Zweites, Nachrangiges. Aber hören Sie sich einmal an, wer der Künstler Adam Winter war. Adam Winter (1903 -1978) war ausgebildeter Stein- und Holzbildhauer. 1929 erhielt er den Auftrag, die berühmte Hallgartenmadonna zu restaurieren und zu kopieren. Diese Figur ist eine der berühmtesten Tonplastiken des Mittelalters, ein ähnliches Exemplar aus derselben Schule um 1400 können Sie übrigens im Louvre besichtigen. Große Tonplastiken dieser Art sind schwer herzustellen, denn sie können beim Brennen leicht platzen. So musste Adam Winter sich ausführlich in die mittelalterlichen Handwerkstechniken einarbeiten. Es gelang ihm sehr gut, und so wurde er 1932 zum Professor der Mainzer Kunsthochschule berufen. 1933 wurde er jedoch wieder als „politisch unzuverlässig“ entlassen, weil er sich zu viel mit sakraler Kunst beschäftigte, was der herrschenden Ideologie natürlich nicht passte, was ihm aus unserer Sicht natürlich zur Ehre gereicht. Das Interesse an Keramik war aber geweckt. Vor drei Jahren gab es an der Universität Heidelberg eine Ausstellung über antike Keramiktechniken, in der seine Leistungen als „experimenteller Archäologe“ explizit gewürdigt wurden. In Zusammenarbeit mit den Archäologen hat Winter antike Brennöfen nachgebaut, in denen man die großen Amphoren und Vorratsgefäße hergestellt hat. Das hat ihm große Anerkennung gebracht. Es gibt für unseren Kruzifix keinen Auftrag und man vermutet, dass Adam Winter vom Udenheimer Kreuz fasziniert war und die Abformung als künstlerische Anregung für seine eigenen Arbeiten vor Augen haben wollte. Der Kruzifix ist daher eine eigenständige Arbeit, die aus dem Studium und der Auseinandersetzung mit der Vorlage entstanden ist. Bewusst hat Winter auf die farbige Fassung verzichtet. Und so passt er als gläubiger Christ, Künstler und experimenteller Keramiker sehr gut zum Profil unserer Schule und baut eine Brücke zwischen Antike und Christentum. Zu einem späteren Zeitpunkt werden wir noch ein Schriftband mit dem Satz aus dem Johannesprolog ergänzen: allen. Die sein Wort annahmen, gab er die macht, Kinder Gottes zu werden. Alle sind eingeladen, wenn sie unser Haus betreten. Als ich mich in Limburg auf dem Speicher des Dommuseums und im Depot in Lindenholzhausen nach einem geeigneten Kunstwerk umsah, wurde ich nicht so recht fündig. Bei einem Besuch bei Familie Winter, erzählte ich von unserem Vorhaben, etwas Schönes und Angemessenes für unser Foyer zu suchen. Frau Winter zeigte mir daraufhin dieses Kreuz, das hoch oben im Steinmetzatelier ihres Mannes Karl Winter, Sohn von Adam Winter, hing. Ich war sofort begeistert und nach und nach reiften dann die Pläne, diesen besonderen Kruzifix zu erwerben. Frau Winter und Herr Tobias Winter waren auch in der Schule, um sich davon überzeugen, wie sich das Ganze hier darstellen würde. An dieser Stelle möchte ich ganz herzlich Frau Marie-Luise Winter, die Schwiegertochter Adam Winters und Herrn Tobias Winter, den Enkel begrüßen und ihnen dafür danken, dass sie uns diesen Kruzifix für unsere Schule überlassen haben. Herr Winter hat das Objekt restauriert, hierher transportiert und zusammen mit seiner Tochter montiert. In einer Fotomontage entstand ganz zufällig ein blauer Streifen. Wir haben das aufgegriffen, farblich experimentiert und finden, dass der Korpus wie über dem Himmelsblau schwebt und uns doch auf der Ziegelwand irdisch verbunden ist. Abschließend möchte ich mich im Namen der ganzen Schule sehr herzlich bedanken. Der Verein der Freunde und Förderer – Frau Bonacker, Herr Voss, Herr Dahmen sind heute bei uns – hat uns sehr großzügig finanziell unterstützt. Ebenso hat der Verein der Ehemaligen mitgeholfen, dass wir dies Kunstwerk erwerben konnten. Und auch unser Schuldezernat - Herr v. Erdmann als Dezernent ist heute auch dabei – hat einen Teil beigetragen und drückt damit auch die Wertschätzung der BNS seitens des Bistums aus. Ebenso wie Herr Machnik, der für die Hildegard-Schulgesellschaft bei uns ist und Herr Prof. Havers in seiner Eigenschaft als Schulelternbeiratsvorsitzender und Mitglied des Aufsichtsrats der Schulgesellschaft. Wir freuen uns sehr über Ihr allseitiges Wohlwollen und verbinden damit die Hoffnung, dass mit diesem künstlerischen Symbol auch unser Selbstverständnis als christliche Schule bei der ganzen Schulgemeinde vertieft wird.