„Sonnys Geschichte“

Ein Vortrag von Matthias Thoma über den Eintracht-Fan und Holocaust-Überlebenden „Sonny“ Sonneberg

 Am Freitag, dem 14.6.2024, erlebten die Schülerinnen und Schüler der Einführungsphase der Bischof-Neumann-Schule in Königstein die deutsche Geschichte aus der Perspektive einer beeindruckenden Persönlichkeit: Helmut „Sonny“ Sonneberg, über den Matthias Thoma, Leiter des Eintracht-Frankfurt-Museums, einen packenden multimedialen Vortrag hielt, erlebte Gemeinschaft in der Begeisterung für den Sport ebenso wie Diktatur, Ausgrenzung, Krieg und Verfolgung. Vermittelt wurde die Veranstaltung vom Projekt Zeitzeugen des Bistums Limburg.

Warum der historische Vortrag mit der Frage nach Vereinszugehörigkeiten der anwesenden Schülerinnen und Schüler eröffnet wurde, erklärte sich spätestens, als Matthias Thoma in einer kurzen Videosequenz den Mann vorstellte, dem er sein Buch „Sonnys Geschichte. Von Ausgrenzung und Eintracht“ gewidmet hatte: „Sonny“ Sonneberg war sowohl Zeitzeuge als auch Fußball-Begeisterter, der seine Leidenschaft für Eintracht Frankfurt mit einer Konsequenz vollzog, die ihm unter Fans des Vereins wahren Kultstatus verschaffte. „Noch bevor es dies Bezeichnung überhaupt gab, konnte man Sonny als den ersten Ultra bezeichnen“, so Matthias Thoma. Seine Freude am Fußball bewahrte sich Sonny, der 91 Jahre wurde, bis ins hohe Alter, blickte aber auch auf ein Leben zurück, das von bitterer Erfahrung geprägt war. Geboren am 4. Juni 1931als Sohn jüdischer Eltern, katholisch getauft und sozialisiert, wurde er im Alter von 13 Jahren nach Theresienstadt verschleppt, wohin er im Jahre 2019 eine Eintracht-Fangruppe auf einer Bildungsreise begleitete. Die Begegnung mit der eigenen Vergangenheit fiel ihm zunächst sehr schwer. Lange schwieg er zu dem erlittenen Unrecht. „Regelrecht eingemauert“, so habe er sich gefühlt, als man ihm aufgrund seiner jüdischen Herkunft den Schulbesuch ebenso verbot wie auch das Betreten sämtlicher öffentlicher Einrichtungen. Kinder, die einst seine Spielgefährten waren, mieden und schikanierten ihn. Die Familie wurde auseinandergerissen, Helmut lebte im Versteck in einer kleinen Wohnung, die er nicht verlassen durfte und sah von dort aus oft zu, wie andere auf der Straße Fußball spielten. Als Kind habe es ihm das Herz zerrissen, nicht dabei sein zu dürfen. Die schließlich durch die Behörden angeordnete Deportation überlebte er und kehrte nach der Befreiung aus Theresienstadt zurück nach Frankfurt.  

1946 trat er schließlich dem Verein bei. Legendär geworden ist der selbstgeschneiderte Eintracht-Anzug samt Zylinder, der heute Museumsstück ist, und in dem er anlässlich der deutschen Meisterschaft 1959 im Endspiel gegen Kickers Offenbach erschien, jenem Spiel, bei dem er Alfred Pfaff nach dem Abpfiff und dem damit verbundenen 5:3-Sieg schulterte und über den Platz trug. Ungetrübt blieb seine Freude am Sport jedoch nicht. Nachdem Sonneberg von der Vergangenheit des Eintracht-Ex-Präsidenten Rudolf Gramlich als Angehöriger eines Totenkopfregimentes der SS erfahren hatte, engagierte er sich für die Aufarbeitung dieses Themas und trat aus dem Verein aus.  Er habe das nach dem Erlebten nicht verarbeiten können, so sagte er selbst. Nachdem Gramlich die Ehrenmitgliedschaft aberkannt wurde, kehrte Sonny schließlich zur Eintracht zurück. Ehrenpräsident Peter Fischer ernannte ihn zum Mitglied auf Lebenszeit. 

Die Schülerinnen und Schüler erlebten in dieser Begegnung die Geschichte eines Menschen, der in einem bewegten Leben unbeirrt, wie der Verein es selbst formulierte, für die Werte von Eintracht Frankfurt eintrat: Gegen Antisemitismus, Rassismus und jede Art der Ausgrenzung, für Demokratie und Toleranz. Sonnys Geschichte ist Mahnung und Beispiel. 

Das Buch von Matthias Thoma „Von Ausgrenzung und Eintracht - Sonnys Geschichte“ ist ab sofort Teil der Schulbibliothek der BNS.

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